EISENERZ

Sklavenarbeit, Schlammlawinen und Eukalyptus-Plantagen für die moderne Welt

Kulturgeschichte nicht ohne Eisen

Eisen gilt als das Metall der Menschheitsgeschichte: die ersten Funde sind über 6.000 Jahre alt; Das Metall, das historisch Kriegsführung und landwirtschaftliche Arbeit revolutionierte, stellt mittlerweile die Infrastruktur unserer modernen Welt: Verarbeitet zu Stahl ist es bis zu 1.000 Mal härter und damit die Basis unserer modernen Welt: alle Verkehrswege (Brücken, Straßen, Gleise), die Bauwirtschaft, die Fahrzeugherstellung, die Industrie ebenso wie viele Alltagsgegenstände setzen auf Eisen und Stahl. Die größten Lagerstätten befinden sich in Australien, Brasilien, Russland und China.

Monokulturen, illegale Rodungen und Sklavenarbeit

In Ländern wie Brasilien, wo keine Steinkohle für die Herstellung von Koks vorhanden ist, werden oft riesige Eukalyptus-Plantagen als Produktionsstätten für Pflanzenkohle angelegt, um die Hochöfen zu befeuern. Dafür werden großflächig artenreiche Waldsavannen abgeholzt und die neuen Plantagen laugen die Böden aus, die in Folge immer stärker austrocknen. Im nordbrasilianischen Bundesstaat Pará hingegen werden für die weltgrößte Eisenerz-Mine von Carajás jedes Jahr geschätzte fünf Millionen Kubikmeter tropischen Regenwaldholzes für die Erzeugung der für die Stahlproduktion benötigten Holzkohle gerodet. Ein Großteil dieser Rodungen ist illegal und basiert auf Sklavenarbeit – bis heute ist die Holzköhlerei einer der am meisten von Sklavenarbeit betroffenen Wirtschaftssektoren Brasiliens.

Leere Versprechungen statt nachhaltiger Lösungen

Ein häufiges Versprechen der Bergbauindustrie ist die vermeintliche Schaffung von Arbeitsplätzen. Doch mehrere Studien zeigen, dass der negative Effekt der Zerstörung der Ökosysteme (Entwaldung, Rückgang der Bodenfruchtbarkeit, Luftverschmutzung sowie chemische Verunreinigung des Trinkwassers) durch neu geschaffene Jobs nicht ausgeglichen werden kann. Neben hohem Unfallrisiko, gesundheitsgefährdenden Bedingungen und niedriger Entlohnung sind die Arbeitsplätze außerdem an endliche
Ressourcen bzw. Mineralreserven gebunden und bieten daher keine langfristigen Perspektiven für die Regionen. Die Abhängigkeit von Einkommen aus dem Bergbau führt leider in den seltensten Fällen zu einer Verbesserung der Lebensqualität der oft niedrig qualifizierten Arbeiter:innen. Sobald die Minen leergeräumt sind, wandern die Firmen wieder ab.

Schlammlawinen und humanitäre Katastrophen

Die Gewinnung von Eisenerzen erfolgt sowohl ober- als auch unterirdisch und benötigt häufig riesige Mengen Wasser für die Aufbereitung, Kühlung und den Transport. Bei der Gewinnung entstehen hochgiftige rote, schlammige Abwässer, die in großen Rückhaltedämme aufgefangen werden. Leider ist die Bauweise aus Profitgründen oft unzureichend. Dies war der Grund für die DammbruchKatastrophen von Mariana (2015) und Brumadinho (2019) in den Minen des Riesenkonzerns Vale. Diese liegen im sog. „Eisernen Viereck“ im Bundesstaat Minas Gerais in Brasilien – knapp 70 % der brasilianischen Eisenerz-Gewinnung finden dort heute statt.

Beim Unglück von Mariana wurde eine Fläche von knapp 1.500 ha zerstört, ganze Dörfer mitgerissen und der Fluss Rio Doce auf einer Länge von fast 700 km verseucht; 19 Menschen fanden den Tod. Die Schlammlawine von Brumadinho kostete bis zu 350 Menschen das Leben, die meisten davon Mitarbeiter:innen, welche zum Zeitpunkt des Dammbruchs in der Kantine direkt unterhalb des Rückhaltebeckens Mittagspause machten. Außerdem wurde das Ökosystem des Paraopeba-Flusses durch die giftigen Schlammmassen langfristig zerstört, der Lebensraum der dort angesiedelten Indigenen und Kleinbäuer:innen vernichtet.

Eisengewinn braucht Energie

Eisen liegt in der Natur außer in Meteoriten kaum in Reinform vor und muss aus Erzen wie Hämatit oder Magnetit gewonnen werden. Gemeinsam mit Kohle bzw. Koks werden diese im Hochofen bei hohen Temperaturen (bis 1.600 °C) erhitzt und zu Stahl verarbeitet. Die Stahlherstellung gilt damit heute als einer der größten Energiefresser unserer Zeit und als CO2-intensivste Industriebranche, trotz hoher Innovation. Sie ist für 25 % der CO2–Emissionen im Industriesektor und ca. 8 % insgesamt verantwortlich. Auch Österreich hat eine große Eisen- und Stahlindustrie und importiert große Mengen Eisenerz; die voestalpine gilt als viertgrößter Stahlproduzent Europas und zeichnet dadurch für knapp 10 % der gesamten österreichischen CO2-Emissionen verantwortlich.

Recycling und Innovation

In Zeiten der sich zuspitzenden Klimakrise wird das Recycling von zentralen Werkstoffen wie Stahl immer wichtiger, um die knappen noch vorhandenen Ressourcen im Erdreich lassen zu können und zukünftig humanitäre Katastrophen
wie jene von Mariana und Brumadinho zu verhindern. Heute liegt die Recylingrate von Eisen bei über 60 %, womit es als das am meisten recyclete Material der Welt gilt. Doch auch neue Technologien wie Lichtbogenöfen oder die Nutzung von Wasserstoff statt Kohle gelten als sehr energieintensiv. Im Sinne einer Kreislaufwirtschaft, muss die Recyclingquote erhöht und ausschließlich erneuerbare Energien für die Herstellung verwendet werden.