Rückblick 1. Tiroler Mobilitätskonferenz

Rund neunzig Vertreter:innen aus Gemeinden und Schulen tauschten sich aus, wie sie sichere und attraktive Wege schaffen können.

Aktive Mobilität macht Schule

Wie können wir mehr Menschen bewegen, ihre Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückzulegen? Rund neunzig Vertreter:innen aus Gemeinden und Schulen tauschten sich über sichere und nachhaltige Verkehrsgestaltung aus. Bei einer motivierenden Keynote bekamen sie Lust aufs Umsetzen. Wie es gelingen kann, zeigten sechs Vorzeigeprojekte aus ganz Tirol.

Visuelle Kernbotschaften

Nicolas Bleck hat die Mobilitätskonferenz visuell festgehalten und ein Bild gezeichnet, was die wichtigsten Kernbotschaften des Nachmittags waren.

Kinder und Jugendliche sind abhängig von Fuß- und Radverkehr – nur so können sie selbstständig mobil sein. Wie unser Verkehr aussieht, ist also eine Frage der Chancengleichheit und Freiheit, meint auch LH-Stv. Philip Wohlgemuth.

Die Teilnehmenden nehmen sich dieser Mission gerne an. Sie bleiben motiviert durch die vielen Vorteile von aktiver Mobilität: Durch Rad- und Fußverkehr bleiben die Menschen gesund, kommen in Bewegung und erleben Freiheit. Im Straßenraum entstehen Begegnungen und so ein Miteinander.

Einfach mal machenKleine Schritte mit großer Wirkung

Dr. Elisabeth Meze erzählt von Freiheit, Fortschritt und Gerechtigkeit: Die ehemalige Lehrbeauftragte und Klimawissenschaftlerin plädiert in ihrer Keynote für den Mut zur Umsetzung.

Sie sieht vor allem den großen Mehrwert von gerechter Verteilung des öffentlichen Raums: „Straßen sind kein Verkehrsproblem – sie sind unsere größte soziale Chance. Wenn sie für alle funktionieren, gewinnen Klima, Sicherheit und Zusammenhalt zugleich.

Sie stellt die Frage: Wem gehört die Straße? Im Projekt JUST STREETS engagiert sie sich, Straßen in nachhaltige, sichere und inklusive Orte zu verwandeln. Als Erfolgsbeispiel nennt sie Amsterdams ganzheitlichen Ansatz mit aktiver Bürgerbeteiligung – heute für morgen planen. Eine Kleinstadt in Rumänien veranstaltet „Green Fridays“, an denen Öffis gratis sind und Vereine den öffentlichen Raum bespielen.

Schon durch einfache Maßnahmen wie Blumentröge und Kreide können Gemeinden Verkehrsberuhigung austesten. Sie erinnert daran, dass Partizipation ein Muskel ist, der trainiert werden muss. Effektive Planung kann nur mit Beteiligung der Menschen vor Ort funktionieren.

Spotlight on: Good Practices aus ganz Tirol

Alles schön und gut mit der aktiven Mobilität. Aber wie setzen wir das in unserer Gemeinde um?

Welche Schritte zum Ziel führen zeigten sechs Projekte aus ganz Tirol. Von Landeck bis Osttirol gab es konkrete Umsetzungsbeispiele, praxisnahe Erfahrungen und einen Austausch, wie es in der eigenen Gemeinde gelingen kann.

Schulstraße

In Landeck wurde der Schulweg rund um das Gymnasium und die Volksschule Perjen zu einer echten Herausforderung: Zu Schulbeginn und -ende sorgten Elterntaxis für Stau, gefährliche Situationen und verärgerte Anrainer:innen. Nach einem Runden Tisch mit Stadtgemeinde, Schulen, Polizei, Elternvertretung und dem Klimabündnis Tirol fiel die Entscheidung, eine Schulstraße als Pilotprojekt einzuführen.

Seit der Europäischen Mobilitätswoche 2025 ist der Bereich zu bestimmten Zeiten für den Autoverkehr gesperrt – ausgenommen Anrainer:innen, Lehrpersonen und Einsatzfahrzeuge.

Das Projekt verbessert die Sicherheit für 85–90 % der Schüler:innen, die mit dem Bus oder zu Fuß kommen, und zeigt, wie Kooperation und klare Kommunikation den Schulweg entspannen können.

Regiorad, Radboxen, Regio Flink und Co. – Multimodaliät und VVT-Angebote zum KennenlernenTheresa Rössler

Immer mehr Menschen wollen klimafreundlich unterwegs sein – auch auf der „ersten und letzten Meile“ zwischen Haustür, Bahnhof und Arbeitsplatz. Der Verkehrsverbund Tirol (VVT) unterstützt Gemeinden dabei mit flexiblen und geförderten Mobilitätslösungen.

Mit RegioFlink steht ein On-Demand-Dienst zur Verfügung, der bei Bedarf bestellt wird und Fahrten bündelt. Gemeinden tragen dabei nur einen Teil der Betriebskosten, der VVT übernimmt den Rest sowie Projektleitung und Kundenbetreuung. RegioRad bietet ein digitales Leihfahrrad-System, das vom Land Tirol mit 25 % gefördert wird.

Radboxen ergänzen das Angebot: sichere, wettergeschützte Abstellplätze mit E-Ladeoption, deren Kosten zu 75 % durch Land Tirol, ÖBB und VVT gedeckt werden. So gelingt der einfache Umstieg auf Öffis.

Haltestellen als flexibles ModulsystemNathalie Mathoy

Wie können wir öffentliche Verkehrsmittel attraktiver gestalten? Dieser Frage stellte sich die KLAR! Oberes Gericht. In den Gemeinden Pfunds, Ried, Nauders und Tösens nahm das Verkehrsaufkommen stetig zu. Ziel war es, die Haltestellen, Fahrpläne und die Nutzungserfahrung der Pendler:innen zu verbessern.

Bei einer gemeinsamen Begehung von zwölf Standorten wurden Schwachstellen sichtbar und Lösungen entwickelt – von neuen Haltestellen über Radständer bis zu digitalen Anzeigen. Nach enger Abstimmung mit Gemeinden, dem Tourismusverband, Land Tirol, Verkehrsplaner:innen und dem VVT entstanden die ersten modularen Haltestellen.

Das Projekt zeigt, wie regionale Zusammenarbeit den öffentlichen Verkehr stärkt – praktisch, nachhaltig und grenzüberschreitend.

So funktioniert gute Kommunikation – Good Practice Bike-Bus KössenChristina Jöchtl und Gabriele Pertl

Gute Kommunikation baut Brücken – und bringt Menschen in Bewegung. Das zeigte das Beispiel des Bike-Bus Kössen eindrucksvoll. „Einfach mal machen“ dachten sich auch die Organisator:innen und planten eine gemeinsame Radfahrt zur Schule. Entscheidend war dabei nicht nur die Idee, sondern der kontinuierliche persönliche Austausch und klare Zuständigkeiten. Ein weiterer Erfolgsfaktor: Kommunikation ist kein nettes Extra, sondern ein wichtiger Bestandteil von Mobilitätsmaßnahmen.

Statt Probleme zu betonen, stand die Freude am Mitmachen im Mittelpunkt – so entstand Motivation statt Druck. Sichtbarkeit im Ort machte den Bike-Bus schnell zur Normalität und stärkte das Gemeinschaftsgefühl.

Das Beispiel zeigt: Gute Kommunikation entsteht durch Vertrauen, Begeisterung und klare Rollen – und kann so nachhaltige Mobilität spielerisch fördern.

Der rasche Weg zu Tempo 30 in SchutzzonenDr. Armin Kaltenegger

Geringeres Tempo bringt mehr Sicherheit – vor allem für ungeschützte Verkehrsteilnehmer:innen. Wer zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs ist, muss mit Gefahrensituationen im Straßenverkehr rechnen. Tempo 30 bringt viele Vorteile: Weniger Unfälle, Lärm und günstiger als der Bau von Radwegen. Zudem ist man kaum langsamer am Ziel – nur 3,2 Minuten -, aber dafür sicherer.

Durch die neue Verordnung in der StVO erhalten Gemeinden mehr Möglichkeiten für Geschwindigkeitsbeschränkungen. So kann auf 30 km/h reduziert werden, sofern die Maßnahme zur Erhöhung der Verkehrssicherheit geeignet ist. Die Verfahren werden nun leichter und auch Prüfungen entfallen: Unfallzahlen und eine wissenschaftliche Prüfung der Gegebenheiten sind nun nicht mehr notwendig. Auch teure Gutachten fallen weg.

Dr. Kaltenegger nennt auch Alternativen zur 30er-Zone: Schulstraßen, Fahrradstraßen und Begegnungszonen bringen ebenfalls sichere und aktive Mobilität in die Gemeinden.

Konzept für besseren Fußverkehr – Good Practice aus Lienz
Jasmina Steiner

In der Session „Lienz – die 10-Minuten-Stadt zu Fuß“ präsentierte Jasmina Steiner das örtliche Fußverkehrskonzept der Stadt Lienz, das im Sommer 2023 gemeinsam mit dem Verein Walk Space entwickelt wurde. Im Mittelpunkt steht die Förderung aktiver Mobilität, die Stärkung kurzer Wege und die Gestaltung der Innenstadt als attraktiven Erlebnisraum.

Das Konzept verfolgt das Ziel, Lienz als Stadt der kurzen Wege weiterzuentwickeln – mit sicheren, barrierefreien und kindgerechten Wegen. Durch intensive Beteiligung von Kindern und Bürger:innen entsteht eine Stadt, in der Zufußgehen selbstverständlich, sicher und erlebbar ist. Kreuzungen und andere Gefahrenbereiche wurden entschärft. 2025 wurde der Schulwegplan umgesetzt. Weitere Maßnahmen wie Begegnungszonen sind noch in Umsetzung, bei denen auch die Umlandgemeinden mit einbezogen werden. Die Kernbotschaft: Aktive Mobilität stärkt Lebensqualität, Klimaschutz und regionale Resilienz. Zu Fuß gehen ist gesund und belebt die Stadt.

Zirl und Matrei in Osttirol ausgezeichnet

Das Klimabündnis Tirol bietet langjährige Erfahrung und Expertise an, wie Gemeinden mehr Menschen zu aktiver Mobilität bewegen.

Mit PRO BYKE werden Gemeinden unterstützt, Gefahrenstellen zu minimieren und den Radverkehr zu fördern. Dafür radeln Projektleiter David Mittelholz und Maria Legner gemeinsam mit Gemeindevertreter:innen durch die Straßen und erarbeiten dann gemeinsam einen Maßnahmenplan. Heuer hat Matrei in Osttirol die Maßnahmen erfolgreich umgesetzt.

Auch mit PRO FUSS werden seit 2024 die Gemeinden erkundet – wie erreicht man als Fußgänger sein Ziel? Wo gibt es gefährliche Kreuzungen? Wie können die Straßen Platz für alle bieten? Mit gutem Bespiel erhält Zirl als erste Gemeinde diese Auszeichnung.

Unterstützung vom Land Tirol

Die Abteilung Mobilitätsplanung unterstützt Bemühungen für nachhaltige Mobilität: Gefördert werden z.B. Mobilitätschecks des Klimabündnis Tirol (PRO FUSS und PRO BYKE), der Malwettbewerb Crazy Bike, Radverleihsysteme und -abstellanlagen, Bildungsangebote und Beratungen.

Auch Konzepte und Radverkehrsanlagen werden gefördert – von der Abteilung Landstraßen und Radwege (Amt der Tiroler Landesregierung). Sie verfolgen aktuell einige Projekte, wie den Stubaital- und Pitztalradweg und den Neubau des Bahnhofs Fritzens-Wattens.

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Anna Perktold